Von Kurfürsten und Kaisern

Ein kurzer Abriss der mitteleuropäischen Geschichte

 

Wo lassen wir es beginnen?


Mitteleuropa ist bereits seit grauer Vorzeit besiedelt. Aber interessant wird es erst mit dem römischen Reich.


Porta-Nigra

Die Porta Nigra in Trier

Das römische Reich dehnt sich immer weiter nach Norden über die Alpen aus, baut Städte und sichert seine Grenzen mit dem Limes.

Dann beginnt die Völkerwanderung, aus dem Inneren Asien's. Langobarden, Goten und andere Stämme, die vermutlich aus den asiatischen Steppengebieten kamen, fallen vom Nordosten kommend, in Europa ein. Lange hält der Limes nicht stand, die Römer ziehen sich über die Alpen nach Italien zurück.

Die Völkerwanderung erstreckt sich über einige hundert Jahre, Europa kommt nicht zur Ruhe. Auch nach Spanien und Italien fallen die landhungrigen Nomadenvölker ein.

 

aachen dom

Der Dom zu Aachen

Aber schließlich ebbt der Nachschub aus Asien ab, neue Territorien und Herrschaftsgebiete formieren sich, germanische Stämme siedeln im gesamten West- und Mitteleuropa. Bereits den Vorfahren Karls des Großen gelingt es, immer mehr germanische Stämme unter ihrer Herrschaft zu vereinigen. Das Herrschaftsgebiet, das Karl der Große erbt, umfasst im Wesentlichen das heutige Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande und die westlichen Teile des heutigen Deutschland. Aachen, das heute am westlichen Rand Deutschlands liegt, war im Reich Karls des Großen recht zentral gelegen.

 

Karls Reich 814

Das Reich Karls des Großen 814

Karl der Große dehnt sein Herrschaftsgebiet nach Osten aus, Bayern und andere Gebiete erobert er oder bemächtigt sich ihrer mit List und Tücke. Weihnachten 800 feiert er in Rom. Papst Leo III sieht seine große Chance, sich von oströmischer Vormundschaft zu lösen und krönt Karl zum Kaiser des heiligen römischen Reichs.

Karl dem Großen ist diese vom Papst aufgedrängte Würde gar nicht willkommen. Einen Krieg mit Konstantinopel könnte er sich nicht leisten. Dazu ist sein eigenes Reich noch nicht genügend gefestigt.

 

 

Karl der Große

Aber er hat Glück und mit ihm der Papst, denn Konstantinopel nimmt diesen Affront des Papstes einfach hin. Statt einer Strafexpedition nimmt die Kirchenspaltung ihren Anfang.

 

Karls Reich überdauert nicht lange. Bereits unter seinen Enkeln wird es im Vertrag von Verdun geteilt, es ist die Geburtstunde für Frankreich und das Deutsche Reich.

Während Frankreich sich bald zu einem zentralen Staatsgebilde entwickelt, bleibt das Deutsche Reich bis zu seinem Ende anno 1806 im Wesentlichen das, was es seit Beginn war, ein Bündnis souveräner Fürsten, das auch keine Hauptstadt kannte.

Vertrag von Verdun

Die Reichsteilung im Vertrag von Verdun

Der Sitz des jeweiligen Kaisers war denn auch zugleich Residenz und Hauptstaft. Wichtiger fast als der Sitz des Kaisers war der Reichstag, auf dem die Fürsten über die Anträge des Kaisers abstimmten.

 

Mit dem Austerben der Karolinger endet das Erbkönigtum. Ab jetzt wird der König gewählt.

 

Eine Wahlordnung für die Wahl des deutschen Königs gibt es noch nicht. Es geht auch ohne formale Ordnung lange gut. Doch einige Male kann man sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, plötzlich gibt es 2 deutsche Könige und einige kleinere Kriege, bis sich einer der Beiden durchsetzen kann.

 

Vor diesem Hintergrund geschieht auch der Canossagang Heinrichs IV. Er hatte seine Machtansprüche bereits überzogen, als er sich im Alter von 23 Jahren auch noch mit dem Papst anlegte. Der sah die Gunst der Stunde und belegte Heinrich IV. mit dem Kirchenbann.

 

Das wiederum war das Signal vor allem für die süddeutschen Fürsten, Heinrich in seine Schranken zu weisen und mit der Wahl eines Gegenkönigs zu drohen. Sie setzten ihm ein Ultimatum, bis zum Jahrestag den Bann wieder aufzuheben. Verhandlungen mit dem Papst führten zu nichts, Heinrich IV blieb nur noch ein Mittel, den Papst als Büßer zur Aufhebung des Banns zu zwingen. So zog er denn nach Canossa, wo sich der Papst auf seiner Reise nach Deutschland aufhielt und zwang den Papst zur Aufhebung des Kirchenbanns, indem er mehrere Tage im Büßergewand vor der Burg aushielt.

 

Heinrich IV war rehabilitiert und konnte seine Macht im Reich soweit festigen, dass er sich später erneut mit dem Papst anlegen konnte. Dieses Mal nützte der Bannstrahl des Papstes nichts mehr, die erneute Exkommunikation blieb wirkungslos. Im Gegenteil, der Papst verlor deutlich an Einfluss auf die Reichskirche.

 

ottonische Kaiserkrone

Kopie der ottonischen Kaiserkrone auf der Kaiserburg

Trifels, das Original befindet sich in Wien.

Fast jeder deutsche König zieht nach seiner Wahl nach Rom, um sich den Segen des Papstes und die Kaiserkrone zuteil werden zu lassen. Da der Kaiser des heiligen römischen Reiches zugleich auch militärischer Schutzpatron des Papstes ist, dauert ein solcher Romzug oft Jahre und erfordert eine umfangreiche Streitmacht, denn die Besitztümer des Vatikans wecken die Begehrlichkeit italienischer Fürsten und Städte. Mit dem Romzug werden die allzu Aufmüpfigen unter den Städten und Fürsten Italiens wieder zur Räson gebracht.

Kaiserburg

 

Die Kaiserburg Trifels hoch über Annweiler

 

Doch auch mancher deutsche König bleibt ohne Kaiserkrone, weil er nie nach Rom zieht.

 

Kurfürsten

Die Kurfürsten und der Kaiser

Mit der goldenen Bulle wird endlich eine Wahlordnung für die Königswahl geschaffen.

4 weltliche und 3 geistliche Kurfürsten werden bestimmt, die fortan den König wählen sollen. Doppelwahlen sind nicht mehr zulässig. Man macht nicht die mächtigsten Fürsten zu Kurfürsten, sondern Fürstentümer ohne große Hausmacht. Nicht die militärische Macht der Kurfürsten soll den neuen Kaiser bestimmen, sondern die Einigung auf einen Kandidaten, der den Fortbestand des Reiches sichern kann.

In etwa in dieser Zeit spricht man auch zum ersten Mal vom „heiligen römischen Reich deutscher Nationen“. Das Reichsgebiet war kräftig angewachsen, Burgund gehört dazu, die gesamte heutige Schweiz, das langobardische Königreich in Norditalien, Österreich und Tschechien.  Der Hradschin in Prag ist Residenz vieler deutscher Kaiser.

 

Mit jeder Wahl trotzen die Kurfürsten dem zukünftigen König mehr

Napoleon

Napoleon Bonaparte

Zugeständnisse ab, bis schließlich der Kaiser nicht viel mehr als eine Symbolfigur ohne eigene Macht geworden ist. Als sich 1806 die süddeutschen Fürstentümer mit Napoleon verbünden, zieht der Kaiser in Wien die Konsequenz und löst das Reich auf. Das ist auch das Ende der Kurfürsten.

 

Bis zum Sieg Wilhelms I. im deutsch-französischen Krieg 1870/71 bleiben die deutschen Lande ein Machtvakuum, in dem Preußen und Österreich um die Vorherrschaft ringen.

Es ist noch ein langer und blutiger Weg, bis aus dem Deutschen Reich Bismarckscher Prägung ein geeinigtes Deutschland in einem zusammenwachsenden Europa wird.

 

Die deutschen Könige 911-1806